• 1891 - Die Betriebsgründung
    Mittellos, aber ausgerüstet mit Energie und Tatkraft eines 26-jährigen und dem Können eines in harten Lehr- und Wanderjahren gereiften Schreinergesellen, kam Jakob Friedrich Hanselmann 1891 nach Neuweiler und heiratete hier die Küferstochter Katharina Proß.
    In der kleinen Küferwerkstatt seines Schwiegervaters, im heute nicht mehr bestehenden Haus 42 an der Schulstraße, konnte er erstmals auf eigene Rechnung und Gefahr arbeiten. Maschinen brauchte er nicht. Er machte alles allein und von Hand. Seinen "Ein-Mann-Betrieb" nannte er "Bau- und Möbelschreinerei". So bescheiden war die Betriebsgründung.
    Neuweiler zählte damals 520 Einwohner; mit Hofstett waren es 600 Einwohner. Es war ein schwieriges Unterfangen, bei den vorgegebenen ärmlichen, räumlich beengten Verhältnissen, mit den beiden am Ort schon bestehenden Schreinereien zu konkurrieren.
  • 1896 - Neubau an der Calwer Straße
    Trotzdem konnte Jakob Friedrich Hanselmann schon vier Jahre später das heute an der Calwer Straße 29 bezeichnete Gebäude erstellen.
    Für seine Bedürfnisse war es ein sehr stattliches Gebäude, enthielt es doch neben Wohnung, Scheuer und Stall, eine schöne, helle 6x8m im Geviert messende Werkstatt.
    In dieser Werkstatt schreinerte Jakob Friedrich Hanselmann, zunächst nur mit einem Gesellen, vielleicht auch noch mit einem Lehrbuben, aber immer mit großem Fleiß und Eifer. Die Landwirtschaft besorgte überwiegend die Ehefrau. Elegante Möbel waren nicht gefragt. Von der Wiege bis zur Bahre, die Leute aus Neuweiler und den umliegenden Ortschaften benötigten einfaches, solides Mobilar. Es entstand ohne maschinelle Hilfen in handwerklicher Arbeit aus den Hölzern der heimischen Wälder: Tanne, Fichte und Kiefer; aber auch aus massivem Nussbaum, Kirschbaum, Birnbaum, wenn jemand über einen solchen Baum verfügen konnte.
  • 1911 - Meisterprüfung
    Seine geordneten Verhältnisse und seine solide Arbeit veranlassten das Oberamt Calw, dem bis dahin ohne Meisterprüfung tätigen Jakob Friedrich Hanselmann das Recht zu verleihen, einen Betrieb zu führen und Lehrlinge auszubilden.
    Vor dem ersten Weltkrieg erlernte beim Vater sein ältester Sohn Friedrich Hanselmann das Schreinerhandwerk; nach dem Weltkrieg auch die beiden jüngeren Söhne Johannes und Martin Hanselmann.
    Von der Tätigkeit der Schreinerei während des ersten Weltkriegs ist nichts überliefert. Jedoch ist anzunehmen, daß Jakob Friedrich Hanselmann während der Kriegs- und den ersten Nachkriegsjahren eben schreinerte, wie es die Verhältnisse gestatteten.
  • 1922 - Modernisierung
    Der im Jahr 1919 aus dem Krieg zurückgekehrte Sohn Friedrich Hanselmann vertrat seinem Vater gegenüber die Meinung, dass ohne Holzbearbeitungsmaschinen eine Schreinerei nicht mehr rentabel arbeiten könne. Dem Vater war die Anschaffung von Maschinen angesichts der um sich greifenden Inflation wohl zu riskant. Er zog sich weitgehend auf seine Landwirtschaft zurück und überließ die Führung des Betriebs dem Sohn. Es ist erstaunlich, dass Friedrich Hanselmann noch vor der völligen Geldentwertung Maschinen erwerben konnte. Ebenso erstaunlich ist, daß er ohne kaufmännische Vorbildung eine für die damalige Zeit vorbildliche Buchführung begann. Sie ist teilweise noch vorhanden. Aus ihr und der dazugehörigen Korrespondenz lässt es sich nachvollziehen, mit welchen Schwierigkeiten und für wieviele Millionen Reichsmark 1922/23 eine Kreissäge, kombiniert mit Fräs- und Langlochbohrmaschine, sowie eine kombinierte Hobelmaschine in dem neu angebauten Maschinenraum aufgestellt werden konnten.
  • Der währungspolitische Neubeginn
    Fast zum historischen Dokument ist das Kassenbuch der Jahre 1922/23 geworden. In ihm stehen sich die Eintragungen der Monate September 1923 und Januar 1924 direkt gegenüber; auf der einen Seite fast ausschließlich Milliardenbeträge, auf der anderen Seite geringste Pfennigbeträge.

    Nach dem währungspolitischen Neubeginn des Reiches ging es auch in der kleinen Schreinerei mit ihren neuen Maschinen aufwärts. Man inserierte für Küchen, Wohn- und Schlafzimmer. Gefertigt wurden aber überwiegend eichene Schlafzimmer. Der Absatz erfolgte zumeist über Handelsvertreter an Möbelhäuser im Rheinland, von Karlsruhe bis Düsseldorf.
    Die bescheidene Buchführung ist ein Spiegelbild der wirtschaftlichen Rezession in den zu Ende gehenden Zwanzigerjahren und der ihr folgenden politischen Krise.
  • 1932 - Erwerb Friedhofstraße 10
    Trotz des wirtschaftlichen Niedergangs - die Schreinerei an der Calwer Straße war zu klein geworden. Der Vater Jakob Friedrich Hanselmann widmete sich ausschließlich seiner Landwirtschaft. Wieder bewies jetzt der Sohn Friedrich Hanselmann Wagemut. Aus einer Konkursmasse erwarb er an der Friedhofstraße einen Neubau. Nach dem Umbau enthielt dieses Gebäude neben drei Wohnungen, 130qm Maschinenraum im Erdgeschoss und 130qm Werkstatt im ersten Stockwerk sowie 80qm Lager im Dachgeschoss.

    In die Verantwortung für diesen größeren Betrieb trat auch der jüngere Bruder des Friedrich Hanselmann, Johannes Hanselmann. Sie bildeten eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Die Zeit des Jakob Friedrich Hanselmann als Schreiner war zu Ende.
  • 1931 - Warum ein Schreiner Bürgermeister wird?
    Mit dem Umzug in die Friedhofstraße besaßen die Brüder Friedrich und Johannes Hanselmann das, wovon sie schon Jahre träumten, eine nach ihren Vorstellungen große, helle und zweckmäßig eingerichtete Werkstatt. Was sie nicht hatten, waren so viele Aufträge, um den eingegangenen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Angesichts dieser Situation, und auf eine sichere Existenz für seine Familie hoffend, bewarb sich Friedrich Hanselmann um den frei gewordenen Stuhl des Bürgermeisters.
    Er wurde im Dezember 1931 gewählt und begleitete das Amt bis 1946. Mit den rein handwerklichen Fähigkeiten eines Schreiners lässt sich das Amt eines Bürgermeisters nicht bewältigen, wohl aber mit den Fähigkeiten, die eine Persönlichkeit auszeichnen: Mut, Fleiß, Hilfsbereitschaft, Tatkraft, aber auch Verhandlungsgeschick, Rede- und Schreibgewandtheit. Offensichtlich besaß Friedrich Hanselmann genügend davon, so daß über seine Schreinerei hinaus der ganze Ort von seinem Einsatz proftierte.
  • 1933/1945 - Schreinerei im Dritten Reich
    In der Vorkriegszeit zum Zweiten Weltkrieg trat, trotz politischer Irrungen und Verwirrungen, zunächst eine Periode der wirtschaftlichen Konsolidierung ein. Gemessen an den Möglichkeiten einer kleinen Schreinerei erhielt die Firma nun auch Großaufträge über Bauschreiner- und Einrichtungsarbeiten von den Firmen Robert Bosch AG und Daimler Benz AG. Während des Krieges war man überwiegend mit Aufträgen der Firma Daimler Benz beschäftigt; zuletzt hauptsächlich mit der Fertigung einfacher Kleiderschränke für die damals so bezeichneten "Fremdarbeiter".
  • 1945/1948
    In der Zeit zwischen Kriegsende und Währungsreform war sinnvolles Arbeiten nicht möglich, es war ein Kampf um das existenzielle Überleben. Im Betrieb fehlte es an allem. Noch vorhandene Substanzen mussten in langen Fragebogen zwecks eventueller Reparationsleistungen angegeben werden. Am schlimmsten war jedoch das Ausbleiben der qualifiziertesten Schreiner im besten Mannesalter.

    Während dieser elenden Jahre fertigte die Firma Krauth & Co. in Höfen, im Zuge von Reparationsleistungen, Holzhäuser für Frankreich. Die Firma Hanselmann lieferte dazu die Türen. Für solche Arbeiten stellte die französische Besatzungsmacht ausreichend Material kontgentierte Energie zur Verfügung. So konnte auch zu Zeiten der wertlos gewordenen Reichsmark der Betrieb einigermaßen aufrecht gehalten und auch manches Möbel für den heimischen Markt abgezweigt werden.
  • 1948/1955
    Nach der Währungsreform im Jahr 1948 kamen diese Arbeiten zum Erliegen. Bei der Firma Daimler Benz AG erinnerte man sich wieder an die Schreinerei im Schwarzwald und übertrug ihr Aufträge. Vielleicht schwang dabei auch ein "Dankeschön" an die Firma Hanselmann mit. Sie hatte wertvolle Büromaschinen, die Daimler Benz hierher verlagert hatte, vor den einrückenden Franzosen in abseits gelegenen Feldscheuern in Sicherheit gebracht. Diese Maschinen konnten der Firma Daimler Benz nach Kriegsende unversehrt zurückgegeben werden.
    In Anpassung an den Markt ging man zur Fertigung einfacher, solider und preiswerter Schlafzimmer in buchener Ausführung über. Hauptabnehmer waren die Umsiedlungsdienststellen bei den Landratsämtern, die die Flüchtlinge und Vertriebenen hier eingliedern mussten. Anschließend fertigte man wieder die sogenannten besseren Möbel, hauptsächlich handpolierte Schlafzimmer in Rüster und Birke. Dazu konnten wertvolle Büromöbel für die Firma Heinzel in Stuttgart produziert werden.
  • 1953/1955
    Der Konkurrenz industriell gefertigter Schlafzimmer waren die handwerklich hergestellten Schlafzimmer nicht mehr gewachsen. Man war gezwungen, eingefahrene Gleise zu verlassen.



    Die passionierten Vogelliebhaber Friedrich und Johannes Hanselmann entwarfen ein "Vogelkäfig-Aufbauprogramm".

    Trotz intensiver Reklame konnte kein rentierlicher Absatz erzielt werden. Die Schönheit der Käfige in Holz reichte wohl nicht aus, ihre Nachteile in der Handhabung und Preiswürdigkeit gegenüber Metall- und Kunststoffkäfigen auszugleichen. Die Produktion musste eingestellt werden.
  • 1955 - Modernes Anbauprogramm
    Der Sohn des Friedrich Hanselmann - Johannes Rudolf Hanselmann hatte seine Lehr- und Gesellenzeit hinter sich gebracht. Er besuchte in den Jahren 1954/55 die Meisterschule in Stuttgart. Noch auf der Meisterschule entwarf er ein Anbauprogramm moderner Wohnzimmermöbel. Dieses Programm wurde im Jahr 1955 in Arbeit genommen. Es kam vorzüglich an. Design und Qualität dieser Möbel lenkte die Aufmerksamkeit der Firma Behr-Möbel GmbH in Wendlingen auf den Handwerksbetrieb in Neuweiler.

    Mit diesem wohl weltweit bekannten Produzenten hochwertiger, auch avantgardistischer Möbel begann eine produktive Zusammenarbeit bis in die Achzigerjahre. Abgesehen von der Tatsache, mit einem verlässlichen Auftraggeber zusammenarbeiten zu können, profitierte die Schreinerei vom großen Bruder auch bei der Einführung von Verfahrenstechniken zur Herstellung hochwertiger Möbel.
  • 1960 - Neubau Forchenstraße 1
    Ende der Fünfzigerjahre erlaubte die Betriebsgröße an der Friedhofstraße weder eine qualitative noch quantitative Steigerung der Produktion. Enge Grundstücksgrenzen behinderten eine zweckmäßige Erweiterung des Betriebsgebäudes. Es stand zur Debatte, Schließung oder Verlagerung des Betriebs. Mangels erschlossener Gewerbeflächen im Ort stellte man an die Gemeinde den Antrag, den Betrieb im Anschluß an das seinerzeit neu erschlossene Wohngebiet, Calwer Straße, an seinem jetzigen Standort ansiedeln zu dürfen. Der Gemeinderat stimmte dem Antrag zu.
    1960 entstanden in einem ersten Bauabschnitt 940qm Werkhalle und Büro. In vier weiteren Bauabschnitten wurden Werkhalle, Lager, Büro- und Sozialräume auf insgesamt 2.400qm Gebäudefläche erweitert. Allerdings war jede Baumaßnahme zum Zeitpunkt ihrer Vollendung von den betrieblichen Anforderungen schon wieder überholt. Das ist ein Problem, das die Firma seit über 120 Jahren immer wieder einholt! (Aufnahme 1990)